Die Fakten dicke! Der GESIS Podcast. Klicken um zur GESIS-Podcast-Homepage zu wechseln

Transkript

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00:00:00: Intro: Kann man wirklich alles übersetzen? Welche Rolle spielt dabei der kulturelle Kontext? Oder werden Ziel- und Ausgangssprache nie ganz zueinander finden? „Die Fakten dicke – der GESIS-Podcast“ nimmt euch mit in die Welt der Forschungsdaten. Dabei heute als Gast: Dr. Dorothée Behr und, wie immer, Dr. Sophie Zervos und Dr. Lydia Repke, heute alias Tina Turner, Mickey Mouse und Donald Duck. Viel Spaß mit unserer Folge: “The devil sticks in the detail! Übersetzung in der international vergleichenden Forschung.“

00:00:37: Lydia: Hallo liebe Faktenfreunde, da sind wir wieder! Und Sophie, die Glückliche, ist auch vollkommen relaxed aus ihrem Frankreichurlaub zurück…

00:00:46: Sophie: Et bien, bonjour Lydia! Et naturellement bonjour à toutes et à tous les amis des faits, merci de nous accompagner dans notre nouvelle aventure au pays des données de recherche.

00:00:53: Lydia: Uiuiui, da wirfst du ja direkt mit einem Französisch durch die Gegend, das sich echt gewaschen hat.

00:00:59: Sophie: Ja, vielen Dank Lydia, das ist auch gar nicht so schwer, da ich zweisprachig aufgewachsen bin. Und deshalb freue ich mich auch schon ganz besonders auf diese Folge. Denn heute wollen wir euch, liebe Faktenfreunde, auf ein entscheidendes und häufig unterschätztes Thema in der vergleichenden Umfrageforschung aufmerksam machen: die Übersetzung. Und nochmal kurz, bevor wir hier starten, Lydia, was ist mit dir passiert? Du hast eine etwas komische Stimme…

00:01:25: Lydia: Ach Quatsch, ich habe einfach nur Tina Turner eingeladen, das ist alles!

00:01:28: Sophie: [lacht] Okay. Na, ich hoffe, es ist nichts Ernstes und du bist nicht von Herrn Covid heimgesucht worden.

00:01:33: Lydia: Nein, nein, bisher ist alles negativ. Weil ich will ja noch einen schönen Sommer haben. Wenn wir uns ein letztes… Also jedenfalls, ich freue mich natürlich auch total auf diese Folge, insbesondere, nicht nur deshalb, weil Übersetzung so ein wichtiger Punkt für die Datenqualität ist, sondern auch, weil es eine besondere Folge ist! Wir haben heute nämlich zum ersten Mal von Anfang an einen ganz, ganz besonderen Gast mit dabei, der mir sehr am Herzen liegt. Salut, Dorothée! Schön, dass du bei uns bist.

00:01:59: Dorothée: Ja salut Lydia, salut Sophie! Hallo auch von meiner Seite allerseits, das freut mich sehr, bei Euch heute zu sein!

00:02:07: Sophie: Bienvenue Dorothée! Ich möchte Dich kurz vorstellen: Dorothée Behr ist Expertin für Fragebogenübersetzung und die Vergleichbarkeit internationaler Umfragedaten und sie leitet das Team Cross-Cultural Survey Methods hier bei uns bei GESIS. Hallo Dorothée!

00:02:22: Lydia: Und… ja genau, hallo Dorothée! Und nicht nur weil das Thema so wichtig ist, sondern weil sie auch zum Thema Fragebogenübersetzung forscht, lehrt und berät, machen wir wieder eine kleine Doppelfolge daraus. Und zuerst, liebe Dorothée, wollen wir uns mit dir über Übersetzung ganz allgemein unterhalten und dann in einer weiteren Folge über die Fragebogenübersetzung im Spezifischen mit dir sprechen.

00:02:46: Dorothée: Da bin ich dabei!

00:02:46: Sophie: [lacht] Das ist gut!

00:02:49: Lydia: Ja, das ist gut. Wenn du absagen willst, dann bitte jetzt. Dann ändern wir die Moderation nochmal.

00:02:55: Sophie: Ja, ich gehe mal direkt rein. Grundsätzlich würde man ja davon ausgehen, dass man eine Frage oder einen Fragebogen einfach nur von einer Ausgangssprache in eine Zielsprache übersetzen muss und dann die entsprechenden Antworten problemlos miteinander vergleichen kann. Treue Faktenfreunde ahnen vielleicht schon, ganz so einfach ist es – mal wieder – nicht.

00:03:17: Lydia: So sieht es aus. Denn Sprache ist weit mehr als die Summe ihrer Laute und Bedeutungen, denn sie hängt immer auch mit der Kultur und einer bestimmten Vorstellung der Welt zusammen. Und damit ist ein entscheidender Faktor auch immer, von wo wohin… nee, von wo nach wohin man übersetzen möchte.

00:03:36: Sophie: Ich habe übrigens, liebe Faktenfreunde, mal versucht, unser Podcast-Motto ins Französische zu übersetzen, weil ich ja gerade so im Französischen drin bin. Also das Motto “In einem dichten Faktendickicht sind dicke Fakten wichtig”. [lacht] Das ist, wie ihr Euch sicher schon denken könnt, ein echtes linguistisches Abenteuer. Aber schickt uns dazu gerne mal Vorschläge an podcast@gesis.org. Gerne auch Übersetzungen ins Englische oder Spanische. Darüber hinaus sind wir dann nicht mehr so firm. [lacht] Aber wir prämieren die originellste Übersetzung mit einem schönen Notizbuch und stellen sie natürlich hier auch in der nächsten Folge vor.

00:04:12: Lydia: Ja, also darauf freue ich mich natürlich auch schon ganz besonders, auf diese Auswahl! Und – wie sollte es auch anders sein - Dorothée wird selbstverständlich in der Jury sitzen. [lacht] Danke, dass du dich dazu bereit erklärt hast, liebe Dorothée!

00:04:26: Dorothée: [lacht] Ich habe vorher auch schon gesagt, dass ich bereit bin, das ist keine Überraschung.

00:04:30: Sophie: [lacht] Okay, wo wir nun schon sozusagen in der Praxis angelangt sind, möchte ich euch eine weitere Frage zur Übersetzung stellen, die allerdings nicht von mir selbst stammt, sondern von Werner Koller und Kjetil Berg Henjum, beide Experten im Feld der Übersetzungswissenschaft. Und die Frage lautet: “Woran denkt ihr bei dem Wort „Unkraut“?”

00:04:49: Dorothée: Also das, was mir spontan einfällt, ist Garten und Arbeit. [lacht]

00:04:54: Lydia: Ja, also ich verstehe unter Unkraut erstmal, ja, weiß nicht, meistens kleine Pflanzen, die irgendwo wachsen, wo sie nicht wachsen sollen.

00:05:01: Sophie: Und da hast du vermutlich auch schon ganz bestimmte Pflanzen im Sinn, Lydia. [lacht] Weil das Wort „Unkraut“ ist nämlich ein gutes Beispiel für eine kulturbedingte und sprachlich vermittelte Sichtweise auf die Welt. Mit dem Wort werden nämlich die Pflanzenwelt eingeteilt in zwei Klassen: Auf der einen Seite in die Kultur- und Zierpflanzen, von denen wir uns ernähren können oder die eben schön aussehen. Und auf der anderen Seite gibt es das Unkraut, das für uns erstmal keinen wirtschaftlichen und ästhetischen Wert hat. Also… eben sich gegenpositioniert. Was aber als Unkraut bezeichnet wird und was nicht, das basiert nicht auf einer biologischen Unterscheidung, sondern kann von Kultur zu Kultur völlig unterschiedlich sein und wird vom Kind in der Auseinandersetzung mit der eigenen Umwelt erst erlernt. Das heißt, letztlich entscheidet die Sozialisation darüber, was wir als Unkraut wahrnehmen und was nicht.

00:05:56: Lydia: Ja, da kann ich aus meinem eigenen Familienkreis berichten, von der Brennnessel. Was für den einen Unkraut ist bei uns in der Familie, ist für den oder die andere die längste… äh leckerste Pflanze der Welt.

00:06:09: Sophie: [lacht] Haha, sehr lustig. Ich kenne das auch, ich möchte damit nichts zu tun haben, weil also, ich hasse Brennnesseln! Mich stechen die ganz fürchterlich. Aber jetzt sag mal, Dorothée, welche Rolle spielt die unterschiedliche semantische Zuschreibung zu Wörtern, die vermeintlich dasselbe bedeuten, in deinem Arbeitsalltag?

00:06:25: Dorothée: Also das spielt eine ganz große Rolle! Denn unterschiedliche Assoziationen bei vermeintlich gleichen Wörtern können Antwortverzerrungen bedeuten und so auch die Vergleichbarkeit der Daten gefährden. Zum Beispiel konnten wir in einer Studie – es ging da um die Rechte von Menschen in einer Demokratie – zeigen, dass das Wort ‚ziviler Ungehorsam‘ – auf Englisch ‚civil disobedience‘ - kulturell unterschiedliche Assoziationen auslöst, mit Auswirkungen auf die Daten. Zum Beispiel war es in Kanada oder in den USA viel stärker mit Gewalt verbunden als in Ländern wie Deutschland, Dänemark oder Spanien, die wir in unserer Studie untersucht haben. Kognitive Pretesting-Methoden sind da wirklich ein gutes Mittel, um an diese potenziell unterschiedlichen Bedeutungen und Assoziationen heranzukommen.

00:07:11: Sophie: Moment, bevor wir jetzt konkret ins Thema Frageübersetzung einsteigen, würde mich erstmal interessieren, was die grundsätzliche Problematik des Übersetzens betrifft, damit wir das dann später gut einordnen können, weil das bezieht sich ja nicht nur auf Fragebogen. Und ich finde ja interessant, es gibt ja Thesen, die sprechen von einer grundsätzlichen Unübersetzbarkeit fremdsprachiger Texte. Kenne ich auch, also als zweisprachiger Mensch ist mir das nicht fremd. Bekannt ist da vor allen Dingen eine Hypothese aus den 1950er Jahren, die auf die beiden Sprachwissenschaftler Sapir und Whorf zurückgeht. Und laut der Sapir-Whorf-Hypothese kann jemand die Gedanken einer Person, die eine andere Sprache spricht, nicht immer nachvollziehen, da beide Personen durch ihre unterschiedlichen Muttersprachen eine ganz andere Vorstellung von der Welt erworben haben.

00:08:02: Lydia: Also quasi wie bei dem Unkraut-Beispiel und dem civil disobedience.

00:08:07: Sophie: Ja, genau! Also dahinter steht die Annahme, dass die jeweilige Sprache Einfluss auf unsere Art zu denken nimmt. Also man spricht hier auch von sprachlicher Relativität, oder anders ausgedrückt, sprachlicher Abhängigkeit.

00:08:20: Lydia: Es gibt ja sogar Forschung… Tina muss sich mal räuspern… Es gibt ja sogar Forschung, die der Frage nachgeht, ob man in unterschiedlichen Sprachen auch verschiedene Persönlichkeiten haben kann.

00:08:32: Sophie: [lacht] Ja, da kann ich auch ein Lied von singen. Also demgegenüber gibt es eine zweite Argumentationslinie, die geht von einer prinzipiellen Unüber-… nee, von einer, Entschuldigung… von einer prinzipiellen Übersetzbarkeit von Sprache aus. Hier werden die Erkenntnisse des berühmten strukturalistischen bzw. poststrukturalistischen Linguisten Noam Chomsky angeführt. Chomsky sagt, dass die Oberflächenstruktur in verschiedenen Sprachen unterschiedlich ist, er verweist aber zugleich darauf, dass die Tiefenstruktur aller Sprachen, allen Sprachen gemeinsam ist. Und damit meint er, dass beispielsweise alle Menschen Sprache erlernen können, dass sie damit beispielsweise Personen, Gegenstände, Handlungen oder eben Erlebnisse benennen und beschreiben können und dass jede Sprache eine Grammatik, also bestimmte Regeln besitzt. Und daran anschließen kann man dann das Axiom der Ausdrückbarkeit, so nennt man das, das heißt, alles, was gemeint werden kann, kann auch in jeder Sprache ausgedrückt werden. Und wenn in jeder Sprache alles, was gemeint werden kann, auch ausdrückbar ist, dann muss es prinzipiell möglich sein, das, was in einer Sprache ausgedrückt ist, in jeder anderen Sprache oder in jede andere Sprache zu übersetzen.

00:09:45: Lydia: Ja, da muss ich jetzt erstmal drüber nachdenken, weil das… [lacht] … hat mich schon so oft vor die ein oder andere Herausforderung gestellt, Sachen in eine andere Sprache zu übersetzen. Aber das heißt, man kann hier dann doch von zwei grundsätzlich sich widersprechenden Polen in der Übersetzungstheorie ausgehen oder… genau. Und aber wie genau muss ich mir das jetzt vorstellen, Dorothée? Vielleicht kannst du das noch ein bisschen mit Licht füllen.

00:10:09: Dorothée: Genau, da steig ich mal ein würde ich sagen, in dieses Thema. Übersetzbarkeit als Prinzip ist gegeben, denn das sehen wir ja, jeder von uns überall um uns herum im praktischen Alltag. Es gibt Beipackzettel, die übersetzt sind, Bedienungsanleitungen (zumindest gibt es auch gut übersetzte Bedienungsanleitungen… Ich denke jetzt nicht an die anderen, die wir alle glaube ich auch kennen [lacht]), Literatur existiert in ganz vielen Sprachen, in Übersetzungen. Jedoch muss man sagen, dass auch Übersetzung relativ und graduell ist, was da möglich ist. Zum Beispiel gibt es Wörter, die kein Äquivalent in einer Sprache haben, beispielsweise haben wir die gute alte deutsche Schadensfreude, die nicht unbedingt in andere Sprachen übersetzt werden kann. Hier kann man dann sich vielleicht mit Erklärungen helfen; ob das allerdings in dem jeweiligen Textkontext passt, das muss dann geschaut werden. Oder natürlich ist die Übersetzung bei Texten, bei denen Inhalt und Form stark zusammenhängen, schwieriger, wir können zum Beispiel hier an Gedichte denken. Und da muss man sich dann überlegen, wo setzt man seinen Schwerpunkt – auf den Inhalt oder eher auf die Form? Und auch wenn wir, sage ich mal, auf einer kleineren Ebene denken, da sind Sprachen einfach nicht gleich aufgebaut, sodass es immer wieder kleinere oder größere, ich nenne es mal notwendige, Unterschiede gibt, in der Art und Weise, was Sprachen vermitteln können oder was sie vermitteln müssen. Ein ganz einfaches Beispiel sehen wir, wenn wir jetzt Englisch-Deutsch vergleichen; im Englischen gibt es klassischerweise ganz viele geschlechtsneutrale Begriffe (partner, boss, ...), gibt es auch in ganz vielen Fragenbögen, diese Termini – und im Deutschen und in vielen europäischen Sprachen als Beispiel sehen wir – heute mehr sogar als früher – die Notwendigkeit der expliziten Nennung der Geschlechter, also Partnerin/Partner, Vorgesetzte/Vorgesetzter… Nur mal so als Beispiel und Einstieg in diesen Diskurs.

00:12:00: Lydia: Ja, das hört sich ja eigentlich so an, als ob Übersetzungen immer nur, ja Annäherungen sein können, sage ich jetzt mal. Aber was heißt denn das jetzt ganz allgemein für die Übersetzung? Was genau muss gute Übersetzung leisten?

00:12:15: Dorothée: Eine sehr schöne Frage! [lacht] Also ganz wichtig, am Anfang festzuhalten: Es gibt nicht die eine gute Übersetzung für einen Text. Eine Übersetzung richtet sich nach einem sogenannten Übersetzungsauftrag, der implizit oder explizit sein kann. Was verstehen wir darunter? Das ist hier eine besondere, man übersetzt nach einem Zweck oder einer Funktion hin, auf eine Zielgruppe hin, oder nach weiteren Parametern, die für eine Übersetzung festgelegt werden, zum Beispiel Style Guides bei einem Unternehmen. Und wenn eine Übersetzung die Kriterien eines Übersetzungsauftrags erfüllt, dann kann man sie als erfüllt, als gut bezeichnen. Ein paar…

00:12:55: Lydia: Darf ich dich ganz kurz unterbrechen, Dorothée?

00:12:56: Dorothée: Aber natürlich, ja!

00:12:58: Lydia: Da habe ich jetzt gerade gedacht, das ist jetzt für alle SchülerInnen, die unseren Podcast hören, super, weil die werden einfach beim nächsten Mal im Fremdsprachenunterricht sagen: Mir war gar nicht klar, was mein genauer Übersetzungsauftrag eigentlich war! Für wen habe ich übersetzt? Und so weiter und so fort… Also, liebe Kiddies, das könnt ihr euch abhören… nee, wie sagt man? …euch dieses Argument klauen von unserer Dorothée und dann beim nächsten Mal anbringen, wenn eure Lehrerin sagt, ihr habt falsch übersetzt.

00:13:23: Dorothée: Das wäre super und das ist dann schon der Weg - hoffentlich - für euch in das professionelle Übersetzen, was vielleicht später eurer Berufsweg sein könnte.

00:13:27: Lydia: [lacht] Hier direkt recruited.

00:13:33: Dorothée: [lacht] Jetzt muss ich erst wieder meinen Faden finden, den ich jetzt in der Sekunde gefunden habe…

00:13:35: Lydia: Ja, du hattest erzählt…

00:13:37: Dorothée: Ich habe ihn schon gefunden. Also, ich wollte euch Beispiele geben, Beispiele aus dem Kontext der Fragebogenübersetzung zum Thema Übersetzungsauftrag oder auf… Übersetzung auf eine Zielgruppe hin: Zum Beispiel muss ich bei einem deutschen Fragebogen, wenn ich den aus dem Englischen ins Deutsche übertrage, muss ich die Zielgruppe wissen. Wie muss ich denn das Englische ‚you‘ formulieren? Und nur wenn ich weiß, dass es zum Beispiel Kinder und Teenager als Zielgruppe sind, dann übersetze ich das oder kann ich das auch richtig als ‚du‘ übersetzen, sonst würde ich das vielleicht als ‚Sie‘ übersetzen, aber dann letztendlich geht es an der Zielgruppe vorbei. Oder ein schönes Beispiel für dich, Sophie, mit dem Französischen: Einen Fragebogen einfach mal so ins Französische zu übertragen, das kann gehörig schief gehen, wenn ich gar nicht weiß oder weiter Informationen bekomme, für Frankreich, Belgien, Kanada, die Schweiz… Für welches Land denn? Denn welche Wortwahl, welche Terminologie aus den jeweiligen Ländern muss ich wählen, auf welche Kultur hin muss ich gegebenenfalls adaptieren? Beispielsweise eine Bildungsfrage, die ja sehr länderspezifisch abgefragt wird. Und insgesamt kann man hier sagen, dass jede Textsorte hat ihre Spezifika, die zu erfüllen sind. Zum Beispiel sind Rechtstexte in der EU anders zu übersetzen als Bedienungsanleitungen, die mitunter auch kulturelle Adaptationen bedürfen, um rechtskonform in dem jeweiligen Land zu sein.

00:14:56: Sophie: Ja, das ist ja super spannend, also das mit dem Französischen. Das heißt also, dass etwa bei jeder Übersetzung lyrischer Texte, äh Entschuldigung… dass etwa bei der Übersetzung lyrischer Texte andere Aspekte eine Rolle spielen können als bei Sachtexten zum Beispiel – oder eben bei Umfragen, genau. Und die funktionalen Ansätze stellen bei der Übersetzung dann eher in den Fokus, dass die gewünschte Botschaft beim Empfänger ankommt, also dem Sprechenden der Sprache, in die übersetzt wird? Und denkt dementsprechend deren Background mit, wie du ja jetzt gerade – das fand ich ja super mit dem Beispiel aus dem Französischen – gesagt hast, dass man eben darauf achten muss, aus welchem Land der Empfänger stammt?

00:15:39: Dorothée: Also du hast jetzt gerade die Begrifflichkeit ‚funktionales Übersetzen‘ angesprochen. Also ganz einfach ausgedrückt: Funktionale Ansätze in der Übersetzung besagen erst einmal, dass man sich in der Übersetzung auf einen Übersetzungsauftrag ausrichten muss. Also in den meisten Fällen, wenn man übersetzt, wird es wahrscheinlich so sein, dass man funktionskonstant übersetzt. Ein Beispiel dafür: wenn es einen Werbetext gibt, der in eine neue Sprache und Kultur übersetzt wird, dann soll das wahrscheinlich in den meisten Fällen auch ein Werbetext in der neuen Kultur sein und nicht irgendetwas anderes. Das gleiche gilt für Bedienungsanleitungen von Handys, Smartphones, was auch immer. Funktionales Übersetzen kann aber auch bedeuten, dass sich die Funktion eines Textes ändern kann. Auch hier möchte ich euch ein Beispiel geben, da jetzt aus der Fragebogenübersetzung: Zum Beispiel kann ich als Übersetzerin einen Auftrag erhalten, einen Fragebogen dokumentarisch zu übersetzen. Was meine ich damit? Der deutsche Fragebogen des ALLBUS – also der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften – wird zum Beispiel regelmäßig auch ins Englische übersetzt, damit Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftler, die nicht Deutsch können, den Fragebogen auch verstehen und auch so die Daten dann gut nützen können. Und diese englische Übersetzung ist aber eine Art Dokumentation, es bleibt zum Beispiel immer ‚Deutschland‘ - oder Germany – als Referenz stehen, wenn zum Beispiel der Name ‚Deutschland‘ in Items auftaucht. Oder es werden keine Fragen an den britischen oder amerikanischen Kontext mal als Beispiel angepasst. Man möchte ja schließlich zeigen, was in Deutschland abgefragt wird. Und noch ein letztes Beispiel, was mir da in den Kopf kommt: Zum Beispiel der Kanzler – jetzt muss ich ja Kanzler sagen, ich kann ja nicht mehr Kanzlerin sagen – aber der Kanzler bleibt the chancellor und wird nicht zu the president or the prime minister. Entscheidend ist immer für meine Übersetzungsentscheidung als Übersetzer oder Übersetzerin, was ist der Übersetzungsauftrag, was ist Sinn und Zweck der Übersetzung, wie wird sie verwendet, für welche Zielgruppe? Und daraufhin übersetze ich und treffe Übersetzungsentscheidungen.

00:17:39: Lydia: Es ist total super, dass du das jetzt hier gerade so als Beispiel angebracht hast, weil mir ist das tatsächlich schon öfter mal aufgefallen, wenn ich mit den ALLBUS-Daten gearbeitet habe und gerade das für ein englischsprachiges Publikum aufbereiten wollte und dann in diesem englischsprachigen Fragebogen nachgeguckt habe, dachte ich so: Oh, aber diese Übersetzung, die kam mir jetzt nicht 100%ig sauber vor, beispielsweise bei den Antworten in der Skala oder so. Und da habe ich immer gedacht: Haben die da jetzt falsch übersetzt oder was ist da passiert?

00:18:10: Dorothée: Da hebe ich jetzt meinen Finger, das kann jetzt natürlich keiner sehen. Aber das ist, wenn man dann in die Übersetzungsdokumentation vom ALLBUS reingeht, in dieses PDF, auf der allerersten Seite oder zwei Seiten, haben sie ihren Übersetzungsansatz beschrieben und sagen genau auch das, was du jetzt genannt hast, Lydia. Welchen Ansatz sie bei der Übersetzung von Skalen haben; dass sie teilweise sehr stark sich am Deutschen orientiert haben, nicht notwendigerweise eine bekannte englische Skala genommen haben, um einiges abzubilden, was in der deutschen Sprache vielleicht gut… was sie abbilden wollen. Also sie schreiben auf diesen ersten Seiten so ein paar Informationen, damit man einfach diese englische Übersetzung besser einschätzen kann, aber sie sagen auch: ‚If you want to use that, you have to modify, to revise, to adapt that for your own country.‘

00:18:58: Sophie: Ja, das finde ich gut, dass ihr das jetzt noch so ein bisschen vertieft habt am Beispiel auch vom ALLBUS. Das ist natürlich super wichtig für alle Leute, ich meine der ALLBUS ist ja eine sehr offen zugängliche Studie, da können ja ganz viele Leute zugreifen, also nicht nur Spezialisten und aus den Sozialwissenschaften. Und deswegen finde ich es ganz wichtig, dass ihr jetzt einfach auch nochmal darauf hinweist, dass es da wirklich eine Unterscheidung gibt zwischen Dokumentation und Beschreibung der Studie und eben aber auch dem Fragebogen selber. Dass man das nicht 1:1 übernehmen kann.

00:19:27: Lydia: Genau, ja und ich habe jetzt tatsächlich mit rausgenommen, es ist ganz wichtig, die “Bedienungsanleitung” zum Fragebogen zu lesen.

00:19:34: Sophie: Wie immer, wie Immer! Das ist ja ein heikles Thema bei uns.

00:19:36: Lydia: Weil ich gebe zu, das habe ich nicht gemacht, sonst hätte ich das ja schon gewusst vorher, aber das hole ich dann nach. Und mir ist auch gerade klar geworden, wir können auch im Zusatzmaterial auch nochmal den ALLBUS-Datensatz verlinken oder die Studie verlinken. So, aber wieder zurück zur Übersetzung. Also Umfragen sind ja nun ein sehr spezifischer Texttyp, weil die Fragen in Fragebögen ja keine kleine Prosa sind, sondern eben Messinstrumente – also um in unserem Bild zu bleiben, quasi lauter kleine Thermometer, die unterschiedliche Konzepte messen sollen. Und diese werden ja im Idealfall bereits in einsprachigen nationalen Umfragen sehr bedacht konstruiert, damit sie zum einen natürlich verständlich sind und zum anderen aber auch das messen, was sie ja messen sollen. Bei international vergleichenden Umfragen sollen ja in der Regel Länder oder auch Regionen manchmal miteinander verglichen werden. Und eine Grundvoraussetzung dafür ist logischerweise, dass die mit den Fragebögen generierten Daten anschließend auch tatsächlich vergleichbar sind. Also sprich, dass in den einzelnen Ländern und Sprachen tatsächlich dieselben Konzepte gemessen wurden. Das heißt, die Übersetzung spielt hier wirklich eine ganz, ganz, ganz zentrale Rolle. Wie nun, liebe Dorothée, stellt man denn sicher, dass die Übersetzung von Fragebögen diesen doch hohen Ansprüchen gerecht wird?

00:21:03: Dorothée: Das ist eine sehr schöne und wichtige Frage. Und ich fange an dieser Stelle an, dass für eine gute Übersetzung letztendlich die Ausgangstextentwicklung eine ganz zentrale Rolle spielt. Das Zauberwort hier lautet eigentlich: interkulturelle Kooperation in der Entwicklungsphase eines Fragebogens. Zum Beispiel heißt es, dass Personen aus den beteiligten Ländern oder Kulturen gemeinsam den Fragebogen entwickeln, oder immer wieder an verschiedenen Stellen, Prozessstellen, integriert werden. Und wenn sie integriert sind, dann können sie auch sicherstellen, dass prinzipiell Fragen gestellt werden, die für die jeweiligen Länder relevant sind, die dort auch gestellt werden können, also keine Tabuthemen oder so was sind, und dass diese Fragen auch die jeweiligen Konzepte abbilden. Also wir versuchen, sehr viel schon im Vorfeld bei der Entwicklung des Ausgangsfragebogens die interkulturelle Relevanz zu berücksichtigen. Und dann eine wichtige Methode, die sich auch, ich würde sagen in den letzten 10 Jahren oder so etabliert hat, viel stärker in das Bewusstsein gekommen ist, dass man auch die Übersetzbarkeit eines Ausgangsfragebogens schon bewusst herstellen sollte oder muss; und zwar durch die sogenannten translatability assessments oder advance translations, das ist eine Methode – man könnte das eine problemorientierte Vorübersetzung mit Kommentierungen nennen - dort versucht man, indem man eben schon, sage ich mal, vorübersetzt einen Fragebogen, der in der Entwicklungsstufe ist; man versucht, Formulierungen, Wörter, Konzepte herauszufiltern, bei denen es schwierig ist, sie in mehrere Sprachen zu übersetzen. Und die Idee ist dann, diese Wörter oder Konzepte umzuformulieren, damit es leichter wird. Oder manchmal kann es auch sein, dass man Definitionen hinzufügt, sodass Übersetzer oder Übersetzerinnen dann später in der Übersetzung genau wissen, was damit gemeint ist. Das sind dann keine Definitionen für den eigentlichen Fragebogen im Feld, sondern eher für die Übersetzer/Übersetzerinnen in der eigentlichen Übersetzungstätigkeit. Man kann jetzt nicht alle Probleme vermeiden, die man dann vielleicht nachher eventuell auch mit statistischen Analysen oder Messinvarianztests zusätzlich aufdecken kann oder mag, aber eben die Übersetzbarkeit von vornerein schon herzustellen und sicherzustellen, ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt, um nachher auch Übersetzungsqualität zu gewährleisten. Und ich glaube, über Übersetzungsprozesse konkret kommen wir glaube ich dann nochmal – hoffentlich – in der nächsten Folge drauf zu sprechen. Jetzt gucke ich euch an…

00:23:31: Lydia: Ja, genau. Also wenn du wieder kommst, aber das hast du ja vorhin mehr oder weniger ja schon bestätigt, dann wäre das der Plan. Genau, aber um jetzt nochmal hier zurückzukommen: Also wenn Übersetzbarkeit hergestellt werden muss, dann heißt das jetzt für mich im Umkehrschluss auch, dass es Unübersetzbarkeit gibt oder nicht?

00:23:52: Dorothée: Ja, also das gibt es natürlich auch, dass Übersetzung an sich nicht möglich ist, so dass zum Beispiel in internationalen Umfrageprojekten kulturelle Adaptationen ermöglicht werden oder sogar für die Länder sozusagen spezifiziert oder vorgeschrieben werden und die Länder folgen dann genauen Anweisungen, damit das aber natürlich auch wieder vergleichbar ist über die verschiedenen Länder. Das ist zum Beispiel der Fall bei den Bildungsfragen, die länderspezifisch erhoben werden, aber dann natürlich wieder in ein uniformes ISCED-System vercodet werden. Oder auch – und jetzt denke ich an eure vorherigen Podcasts – ihr hattet schon den Alkohol in mehreren europäischen Ländern thematisiert, und wie es – Alkoholkonsum - und wie der ESS da vorgeht und Länder kulturell adaptieren lässt, damit das dann auch irgendwie passend in den jeweiligen Ländern erhoben werden kann.

00:24:46: Sophie: Ja, das ist gut, dass du das nochmal ansprichst, weil da habe ich auch natürlich öfter mal dran gedacht, an diese Messung von Alkoholkonsum, was man ja auch einfach nicht 1:1 übertragen konnte, weil die Leute einfach - auch kulturell bedingt - einfach vollkommen andere Trinkgewohnheiten haben. Und da hat man das dann umgerechnet in eine Maßeinheit, in diese Zentiliter, die man dann auf diesen Showcards in Getränken dargestellt hat. Also das war auch eine spannende Methode, man muss da ja immer sehr kreativ sein und wie mir scheint, ist es ja auch hier, es ist ein hohes Maß an Kreativität und Kenntnis vor allen Dingen über die kulturelle Bedingtheit der Sprache…ist erforderlich, finde ich ganz spannend. Kannst du uns…

00:25:26: Lydia: Aber eine Sache, Sophie, nur der Korrektheit halber: also nicht in Zentiliter, sondern die haben tatsächlich ich glaube in Milligramm… also kein Volumen…

00:25:34: Sophie: Ach so, genau, nee, stimmt. Die haben Milligramm gemessen, das stimmt. Richtig, gut, dass du es nochmal, mich hier korrigierst, Lydia. [lacht] Ich hätte es fast vermisst, wenn du mich nicht öfter mal gerne ausgiebig korrigierst. Aber ist ja gut, wir wollen ja auch korrekt sein, das ist uns ja auch total wichtig! Sag mal, Dorothée, kannst du uns ein Beispiel dafür nennen, was in unterschiedlichen Kulturen zum Beispiel nicht gefragt werden kann?

00:25:58: Dorothée: Ja, also das war eine Studie, in der ich quasi in der Entwicklungsfrage des... in der Entwicklungsstufe des Fragebogens mitinvolviert war. Es ging um Rechtssysteme, Einstellungen und Haltungen und Meinungen zu den Rechtssystemen in verschiedenen Ländern und in einer Erstfassung oder in einer der ersten Fassungen des Ausgangsfragebogens, englische Sprache, wurde von der „jury“ gesprochen, das kennen wir ja alle aus den amerikanischen Filmen, aber das gibt es auch in einigen anderen Ländern, englischsprachigen Kontext. Es ist ja ein System einer Gruppe von Laien, die dann Gerichtsentscheidungen fällen - schuldig oder nicht schuldig – aber das existiert natürlich nicht in allen Ländern oder eher vielleicht in den wenigsten Ländern. Und aufgrund dieser Tatsache musste das Item geändert werden, oder sogar komplett rausgelöscht werden…die Details weiß ich nicht mehr. Aber hier sieht man schön, da hat man vielleicht sein eigenes Denken gehabt – so ist das ja bei uns. Aber was bei uns, in einer Kultur funktioniert, heißt noch lange nicht, dass das in den anderen Kulturen auch existiert überhaupt.

00:26:53: Lydia: Da habe ich natürlich sofort Ally McBeal im Kopf oder Malcolm oder wie die Serien alle hießen. [lacht]

00:27:02: Sophie: [lacht] Sehr passend!

00:27:02: Dorothée: Genau, und wenn ich darf, und weil es noch so schön ist…

00:27:07: Lydia: Ja, gerne!

00:27:07: Dorothée: …noch ein anderes Beispiel, ich hatte ja gerade schon die translatability assessments oder die advance translations – also Methoden der Übersetzbarkeit – angesprochen. Hier würde ich gerne ein Beispiel von meiner Kollegin Brita Dorer nennen, die sich im European Social Survey (im ESS) mit dem Thema Fragebogenübersetzung beschäftigt, aber gerade mit dem Prozedere der Übersetzbarkeit auseinandersetzt in Praxis und Forschung. Und ich nenne euch jetzt ein englisches Item: „To what extent do you receive help and support from other people when you need it?” Und dieses Item ging in eine sogenannte advance translations rein, wurde vorübersetzt und es kamen dann Fragen zu dem Konzept, kritische Nachfragen, und die haben dann zu einer erklärenden Fußnote für Übersetzerinnen/Übersetzer geführt, dass ‚help und support‘ in einem sehr breiten Sinne zu verstehen ist, emotionaler und/oder materieller Hinsicht, also nicht eng, verengt; zum Beispiel auf den finanziellen Kontext übersetzt werden sollte. Denn man kann sich gut vorstellen, wenn das jemand in einer zu engen Sicht, oder ein Land oder mehrere Länder, übersetzen und die anderen in der, sage ich mal, weiteren Sicht, dann heißt das ‚Unvergleichbarkeit‘ oder ‚mangelnde Vergleichbarkeit‘ der Daten und dann haben wir die Probleme nachher.

00:28:20: Sophie: Ja, das finde ich ja jetzt total spannend, weil also zwischen emotional und finanziell, das ist ja echt ein Riesen…das ist ja dann wirklich überhaupt nicht mehr vergleichbar, also wirklich total spannend. Okay, ich denke, wir haben heute gelernt, welchen Ansprüchen eine gute Übersetzung genügen muss und welche Aspekte es zu beachten gibt, und dass das wirklich in eine ganz, ganz Breite, von völlig unübersetzbar bis hin - okay, da haben wir das gleiche Konzept und das kann man 1:1 übertragen, dass es das alles gibt und dass man sich darüber verständigen muss. Also, sehr spannend. Und auch all diese Punkte, die finde ich super wichtig, richtig, nachvollziehbar und trotzdem habe ich so ganz normal im Alltag – ich werde natürlich auch oft übersetzt, ob ich mal eben…gefragt, ob ich mal eben kurz was übersetzen kann, genau, da habe ich das natürlich sofort…also gerade im familiären Kontext, habe ich sofort dieses Problem: ah ja, nee, das sagt man ja gar nicht, das sagt man ja anders, oder dieses Konzept gibt es gar nicht. Was würde denn die andere Kultur tun? Und ich habe einfach oft das Gefühl so im Alltäglichen, dass aber trotzdem davon ausgegangen wird, oder ein ganz großes Bedürfnis da ist, dass man die Dinge 1:1 übersetzen kann, also dass es dieses Konzept der „close translation“, dass es das gibt und dass es besteht und dass man das anwenden kann. Kannst du dir das irgendwie erklären, Dorothée, dass das nach wie vor so ist, und was das natürlich auch für Konsequenzen hat?

00:29:44: Dorothée: Also, ich habe den Eindruck, dass es insgesamt häufig noch ein Verständnis vorherrscht, dass Übersetzung eine relativ simple Aktivität ist, bei der es um das bloße Ersetzen von individuellen Wörtern geht. Jeder, jede, die Sprachen kann, kann übersetzen, so ist das Verständnis. Aber so einfach ist das nicht. Zudem haben wir ja auch gehört, dass Übersetzung sich ja auch immer am Übersetzungsauftrag, an einer Textsorte, am Kontext der Übersetzung orientiert. Und wenn so etwas fehlt, kann es leicht zu Fehlern kommen. Und noch ein anderer Gedanke: Wer von euch oder von Ihnen da draußen schon einmal Fragebögen übersetzt hat und sich im Team darüber ausgetauscht hat, also wirklich ins Gespräch gegangen ist, der weiß, dass sowohl das Verstehen des Ausgangstextes – häufig ja auch ohne großen Kontext in Fragebögen - aber auch das gute und richtige Formulieren nicht ganz einfach ist. Und dann soll ja der Fragebogen auch noch möglichst einheitlich und im intendierten Sinne von den Befragten verstanden werden. Und hier spielen dann Übersetzungs-Know-How, Expertise zu Fragebogen-Design, zum Thema der Studie eine wichtige Rolle. Aber was das dann konkret für die Methodik der Fragebogenübersetzung bedeutet, da sprechen wir ein anderes Mal drüber, oder? Haben wir ja gerade schon gesagt. Ich bin dabei!

00:30:55: Lydia: Genau…genau, genau, da gehen wir…

00:30:57: Sophie: Uiuiui, da kann die Lydia dann wieder sprechen, hoffe ich. Wir geben dir ein bisschen Zeit, Lydia, zu gesunden.

00:31:04: Lydia: Also genau, so machen wir das! Also beim nächsten Mal…auweia, jetzt wird es ganz schlimm…also gehen wir nochmal genauer drauf ein. Jetzt ist nicht mehr Tina da, sondern Micky Mouse. [lacht] Wir können aber schon mal festhalten: Die Fragebogenübersetzung wird…ah, da ist sie wieder…wird häufig vollkommen unterschätzt, ist aber tatsächlich sehr aufwendig. Und vor allem ist auch Spezialisierung nötig und auch Kultur muss mitgedacht werden.

00:31:32: Sophie: Genau, besser hätte man es nicht zusammenfassen können, liebe Lydia! [lacht] Es tut mir nur so leid, dass dir wirklich die Stimme so versagt. Ich hoffe, wir schaffen es noch bis zum Schluss, es ist nicht mehr weit, es ist nur noch ein ganz kleiner Schritt, dann darf sich deine Stimme erholen. Also bevor wir jetzt aber zum Ende kommen, möchte ich nochmal die Wichtigkeit der, ich nenne es mal „Kunst des Übersetzens“, hervorheben. Man darf ja nicht vergessen, jeder Übersetzungsfehler bzw. jede Unklarheit oder Mehrdeutigkeit bringt unweigerlich eine falsche Kommunikation bzw. eine falsche Interpretation der Frage mit sich. Und das hat natürlich Konsequenzen, die du, liebe Dorothée, wahrscheinlich sehr gut kennst, oder?

00:32:14: Dorothée: Also, ganz wichtig natürlich an erster Stelle: Wenn ein Fehler nicht bemerkt wird, oder…also, wir wissen manchmal nicht, ob alles wirklich Auswirkungen auf die Daten hat, aber wir sprechen jetzt von größeren Fehlern, wenn die nicht bemerkt werden, haben wir häufig schlichtweg falsche inhaltliche Schlussfolgerungen. Und das ist schlecht für unsere Forschung! Und wenn man das Problem bemerkt, dann fällt das Item - oder vielleicht sogar größere Kontexte des Fragebogens - für länder- und kulturvergleichende Analysen aus! Und vielleicht jetzt ein Beispiel: Janet Harkness, eine der großen Pionierinnen im Bereich der Fragebogenübersetzung, erwähnte einmal die Fehlübersetzung, dass ‚wealthy‘ quasi als ‚healthy‘, also reich, wohlhabend als gesund übersetzt wurde, da hat man wahrscheinlich bei der Übersetzung einfach einen kleinen Buchstaben fehlgelesen – große Bedeutungsverschiebung - und das ist natürlich ein Fehler der ganz bitteren Sorte und das Item konnte dann für das Land nicht benutzt werden.

00:33:10: Sophie: Ja und man muss sich ja auch vorstellen, das hat ja nicht nur dann für diese eine Frage oder das eine Item Auswirkungen oder für die Studie, solche Studien sind ja auch einfach teilweise, wenn es internationale, groß angelegte Studien sind, dann sind da natürlich wahnsinnig viele Menschen involviert und es ist auch sehr kostspielig. Das ist dann natürlich schade!

00:33:29: Lydia: Genau, aber jetzt erstmal genug von den mahnenden Appellen und den schwarzmalenden Nachrichten. Jetzt kommt Donald Duck noch dazu! Wir bedanken uns, liebe Dorothée, für deine Expertise, die du mit uns heute hier geteilt hast…

00:33:47: Dorothée: Gern geschehen! Es hat mir sehr viel Spaß gemacht mit Euch beiden. Und mit Donald Duck und Tina und Micky Mouse, das sollte ich vielleicht auch noch sagen! [lacht]

00:33:57: Sophie: [lacht] Genau, ich glaube, ich übernehme jetzt mal ganz kurz einen kleinen, ein kleines, was du noch sagen wolltest zu unseren allgemeinen Infos, damit du nicht mehr ganz so viel sprechen musst. Also, ihr findet Zusatzinformationen auf podcast.gesis.org zusammengestellt. Dort findet ihr auch das Trankskript der heutigen Folge. Und genau, und in der nächsten Folge können wir natürlich glücklicherweise weiter von Dorothées Expertise profitieren und tiefer eintauchen in die praktische Umsetzung von Übersetzung in der vergleichenden Umfrageforschung. Dafür auch ein herzliches Dankeschön von mir, Dorothée!

00:34:36: Lydia: Ach so, genau, ich wollte noch sagen: denkt daran, das war nur der Meisterins erster Streich und in der nächsten Folge folgt der zweite gleich.

00:34:45: Sophie: [lacht] Siehst du, das wollte ich dir gerne überlassen!

00:34:50: Dorothée: Wunderbar, danke Euch! Hat Spaß gemacht.

00:34:53: Sophie: Genau, liebe Faktenfreunde, Euch vielen Dank fürs Zuhören! Vielen Dank bei unserem Gast Dorothée Behr und auch danke an Claudia OʼDonovan-Bellante für die technische Unterstützung. Macht’s gut, ihr Lieben! Ciao!

00:35:08: Lydia: And of course, Tina Turner says bye as well!

00:35:10: Dorothée: I am looking forward to your next song.

00:35:13: Lydia: Rock it translation, baby, yeah

00:35:15: Sophie: Ich habe noch eine…eine kurze Sache habe ich noch. Und zwar: noch einen herzlichen Dank an Linna Umma, die wie immer hier uns tatkräftig unterstützt hat mit Recherchearbeiten etc. Und bei ihr möchte ich mich auch ganz herzlich verabschieden und auf Wiedersehen sagen, da sie uns jetzt bald verlässt, um ihr Glück bei dem Format Wissenschaft im Dialog zu finden. Alles Gute liebe Linna von dieser Stelle!

00:35:42: Lydia: Hell yeah! Good luck, bye-bye!

00:35:47: Sophie: [lacht] Rock it, dear Tina! Bye-bye!