Die Fakten dicke! Der GESIS Podcast. Klicken um zur GESIS-Podcast-Homepage zu wechseln

Transkript

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00:00:00: Geht euch die Corona-Pandemie auch so auf den Keks wie uns? Wollt ihr einen näheren Einblick in das Thema Forschungsdaten haben? Und interessieren Euch auch noch andere Daten, außer die von Drosten und Co? „Die Fakten dicke! Der GESIS-Podcast“ nimmt euch mit in die Welt der Forschungsdaten. Dabei sind Dr. Sophie Zervos und Dr. Lydia Repke. Viel Spaß mit unserer Folge: “Andere Wissenschaften haben auch schöne Daten.”

00:00:34: Sophie: Herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer, liebe Faktenfreunde, hallo Lydia!

00:00:43: Lydia: Auch von mir ein herzliches Willkommen und ein dickes Hallo an dich, Sophie! Ich freue mich, dass wir es endlich geschafft haben, unsere erste Podcast-Folge aufzunehmen! Ja, also, für euch da draußen, Sophie und ich, wir arbeiten beide bei GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften und produzieren den Podcast auch in diesem Rahmen. Die Idee zu „Die Fakten dicke“ ist hauptsächlich dadurch entstanden, dass es bei GESIS so viele tolle sozialwissenschaftliche Daten gibt und die können natürlich von anderen Forschenden weitergenutzt werden – und deshalb wäre es ja auch eigentlich schade, wenn keiner von der Existenz dieser Datenschätze wüsste und diese dann einfach irgendwann mal im Archiv einstauben würden. Und wenn man irgendwann mal in der Zukunft dann auf sie nur noch als historische Reliquien zurückblicken würde, das wäre doch echt fatal. Na ja, wie dem auch sei. Ich würde vorschlagen, wir stellen allen, die uns hier zuhören, kurz unser Institut vor. Und am besten machst du das, Sophie. Oder? Weil du bist ja schon viel länger hier und weißt, wo der Lase, … der Hase, hinläuft.

00:01:43: Sophie: (lacht) Du wolltest sagen, wo der Hase langläuft. Bloß gut, dass du mich jetzt nicht als alten Hasen bezeichnet hast.

00:01:50: Lydia: Du meinst, wie der Hase läuft (lacht).

00:01:53: Sophie: (lacht) Genau. Also, GESIS ist ein sozialwissenschaftliches Forschungsinstitut. Wir gehören zur Leibniz-Gemeinschaft und wir fördern die sozialwissenschaftliche Forschung, indem wir forschungsbasierte Dienstleistungen anbieten und dabei ist GESIS die größte europäische Infrastruktureinrichtung für die Sozialwissenschaften.

00:02:13: Lydia: Moment mal. Also, was jetzt? Infrastruktureinrichtung, das klingt ganz schön abstrakt, muss ich jetzt mal sagen. Was genau soll denn das sein?

00:02:20: Sophie: Ja, das stimmt natürlich. Das ist tatsächlich ein sehr schwer verständlicher Begriff. Aber er besagt im Grunde nichts anderes, als dass wir Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf allen Ebenen ihres Forschungsprojektes mit gewissen Services unterstützen.

00:02:36: Lydia: Was sind das so für Ebenen?

00:02:37: Sophie: Ähm, da kann ich gleich nochmal was zu sagen. Jetzt vielleicht erstmal noch allgemeiner etwas zur Infrastruktureinrichtung. Weil die Sozialwissenschaften, die ja mit Forschungsdaten arbeiten in ihrem Forschungsprozess, relativ aufwändig sind. Man braucht ja erstmal die Daten, d.h. diese müssen erstmal generiert werden. Das kann auch sehr kostspielig werden und um das alles zu verkürzen und für die Forschenden einfacher zu machen, bietet man eben diese Infrastruktur schon an. Und jetzt das, was du sagtest mit den Ebenen. Man fängt damit an, dass man Forschenden beratend zur Seite steht, wenn sie, zum Beispiel, erstmal die Studie planen. Da gibt es ganz bestimmte Aspekte, die man beachten muss. Das erforschen wir auch. Und dann, auch wenn sie die Daten erheben wollen, dass man ihnen Methoden an die Hand gibt, wie sie das am besten machen können oder auch, zum Beispiel, Umfrageinstitute empfiehlt oder, dass sie vielleicht gar keine Daten erheben wollen, weil wir schon ganz viele Daten vorhalten, die sie nutzen können für ihre Forschung und dann unterstützen wir sie auch noch bei der Datenanalyse und, wenn sie dann aber doch Daten erhoben haben, was ja viele auch vielleicht in einem kleineren Rahmen oder eben auch in einem größeren Rahmen tun, dann bieten wir ihnen an, die zu registrieren, dass die Daten auch von anderen gefunden werden können, und auch die Daten bei uns zu archivieren.

00:04:08: Lydia: Das ist ja eigentlich ein super Konzept. Wahrscheinlich wissen das gar nicht alle, dass es diesen Service gibt bei uns.

00:04:14: Sophie: Ja, da hoffen wir natürlich auch ein bisschen, dass das durch diesen Podcast noch ein bisschen bekannter wird und auch, dass unsere Daten immer stärker genutzt werden. Genau, und bei uns im Institut beschäftigen sich die Forschenden vorwiegend eben mit sozialwissenschaftlichen Forschungsdaten. Das ist ja klar. Und das sind dann wieder in der Mehrzahl Umfragedaten und jetzt zunehmend auch digitale Verhaltensdaten.

00:04:40: Lydia: Vielleicht nochmal für diejenigen, die sich jetzt nichts unter digitalen Verhaltensdaten vorstellen können, nochmal eine kurze Fußnote meinerseits: Es ist ja so, dass die stetige Digitalisierung aller Lebensbereiche dazu führt, dass immer mehr Daten einfach auch digital anfallen und das sind auch solche, die unser Verhalten beschreiben. Das könnte, zum Beispiel, mein Kaufverhalten auf Amazon sein, mein Bewegungsverhalten, was man dann irgendwie mit den GPS-Daten an meinem Handy ermitteln könnte, oder mein Kommunikationsverhalten in den sozialen Medien, wie auf Twitter, Facebook oder was auch immer. Aber jetzt habe ich dich irgendwie ein bisschen unterbrochen, sorry. Erzähl doch vielleicht noch, was du genau bei GESIS machst.

00:05:19: Sophie: Ja, kein Problem. Das bin ich ja auch schon so ein bisschen gewohnt von dir (lacht).

00:05:24: Lydia: Sorry (lacht).

00:05:25: Sophie: Also ich selbst bin promovierte Kulturwissenschaftlerin und bei GESIS zuständig für Wissenschaftskommunikation und Wissenstransfer. Konkret heißt das, dass ich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dabei unterstütze, ihre Forschungsthemen und ihre Forschungsergebnisse so aufzubereiten und darzustellen, dass sie eigentlich jeder verstehen und nachvollziehen kann. Und ein Teil davon ist eben auch die Pflege von unterschiedlichen Netzwerken, dass unsere Forschung eben nicht nur jetzt im wissenschaftlichen Kontext rezipiert wird, sondern auch der Allgemeinheit zur Verfügung steht.

00:06:01: Lydia: Was sind das für Netzwerke?

00:06:03: Sophie: Ach, das können dann sein, zum Beispiel, die Kölner Wissenschaftsrunde, da sind alle, oder sehr viele, Wissenschaftseinrichtungen von Köln dabei. Das kann sein im Rahmen der Leibniz-Gemeinschaft. Das können aber auch Vereinigungen sein wie zum Beispiel das Statistische Bundesamt etc., sodass man eben auch versucht, die Daten oder unser Wissen und unsere Forschung auch quasi außerhalb der sozialwissenschaftlichen Forschung nutzbar zu machen. Okay, soweit zu mir. Wie sieht es bei dir aus, Lydia? Was machst du bei GESIS?

00:06:40: Lydia: Ja, also, vielleicht fange ich nochmal von vorne an (lacht). Ich habe ursprünglich ja Politik- und Verwaltungswissenschaften in Konstanz studiert und dann aber in kultureller Psychologie in Barcelona promoviert und habe dort in Barcelona auch am Research and Expertise Centre for Survey Methodology gearbeitet und bin dann im Anschluss an meine Promotion zurück nach Deutschland gekommen, direkt zu GESIS für meinen Postdoc. Und da bin ich jetzt nun in der Abteilung Survey Design & Methodology tätig, sprich also für Umfragedesign und -methodik in der Abteilung. Und insbesondere gefällt mir tatsächlich Fragebogendesign und das ist sozusagen die Frage, wie man einen Fragebogen mit seinen Fragen und Antworten so konzipiert, damit man möglichst genau das misst, was man auch messen möchte. Kleine Anekdote mal noch in dem Kontext: Eine sehr gute Freundin von mir aus Barcelona erzählt auf Partys ständig, dass sie Designerin sei und verheimlicht dabei, dass es sich eigentlich um Fragebogendesign handelt (lacht).

00:07:41: Sophie: (lacht) Das ist natürlich auch eine gute Idee, um sich mal ein bisschen interessanter zu machen.

00:07:48: Lydia: Ja, in der Tat (lacht).

00:07:51: Sophie: Vielleicht auch nachvollziehbar, ehrlich gesagt, weil irgendwie kommt das Thema ja auch ein bisschen trocken daher, oder Lydia?

00:07:57: Lydia: Also ganz im Gegenteil, das muss ich ja jetzt sagen (lacht). Also wenn ich jetzt mal so aus dem Nähkästchen plaudere: Als ich angefangen hab zu studieren im Bachelor, da fand ich es schon total faszinierend. Also erstmal fand ich es irritierend, dann fand ich es faszinierend, dass Wissenschaftlerin A irgendwas sagt und Wissenschaftler B irgendwie was ganz anderes herausfindet, obwohl sie ja beide angeblicherweise das gleiche Phänomen untersucht haben. Wenn man dann allerdings die Lupe aus der Hosentasche zückt und genauer hinguckt, dann sieht man, dass sie eigentlich unterschiedlich vorgegangen sind. Also, entweder haben sie nicht das Gleiche gemessen, aber gleich betitelt, oder sie haben schon die gleichen Sachen gemessen aber vielleicht anders ausgewertet. Oder im schlimmsten Fall vielleicht sogar beides. Und dieser Unterschied in der Methodik führt dann mitunter einfach auch zu unterschiedlichen Ergebnissen. Und am Ende bedeutet das, dass die Ergebnisse einfach nicht vergleichbar sind. Nicht überall, wo halt Konzept A draufsteht, ist auch Konzept A drin, ne?

00:08:58: Sophie: Ja, du willst also im Prinzip sagen, dass kleine methodische Unterschiede durchaus auch eine große Auswirkung auf das Ergebnis haben können.

00:09:06: Lydia: Ja.

00:09:07: Sophie: Ja, das ist tatsächlich schon auch ganz interessant, vielleicht ist es sogar spannend (lacht).

00:09:14: Lydia: Ah, lehn dich jetzt mal nicht zu weit aus dem Fenster (lacht).

00:09:16: Sophie: Das werden wir dann ja sehen, ob du uns davon überzeugen kannst. Und wie sich ja übrigens jetzt auch im Verlauf der Corona-Pandemie herausstellt, ist das Thema auch außerordentlich aktuell. Also, Forschung allgemein, aber insbesondere auch das Thema Forschungsdaten sind ja gerade in aller Munde und spielen eine große Rolle in den Medien und im öffentlichen Diskurs. Und das muss man ja mal festhalten, ist schon mal was ganz Neues: Vorher gab es im öffentlichen Diskurs über, sag ich mal, so globale Phänomene immer Leute, die wissenschaftliche Erkenntnisse übersetzt haben. Also Leute wie ich, Wissenschaftsjournalisten, aber eben auch vor allem Identifikationsfiguren oder Meinungsmacher.

00:09:56: Lydia: So wie Greta Thunberg, ne? In der Klimakrise... (verhaspelt sich). Zu viele Buchstaben hintereinander (lacht). Also so wie Greta Thunberg in der Klimakrise? Jetzt habe ich es.

00:10:09: Sophie: Ja, genau (lacht). Und jetzt stehen die Wissenschaftler*innen höchst persönlich voll im medialen Fokus. Und das ist neu. Es gibt sozusagen keine Zwischeninstanz mehr. Das prominenteste Beispiel ist hier ganz klar der Virologe Christian Drosten von der Charité, vor allen Dingen mit seinem Podcast beim NDR. Nennen kann man hier aber auch Alexander Kekulé, der als Inhaber des Lehrstuhls für medizinische Mikrobiologie und Virologie an der Universität Halle (Saale) ja wirklich auch in sehr vielen Talkshows zu Gast war.

00:10:45: Lydia: Ja, und der Jonas Schmidt-Chanasit war gerade auch am Anfang sehr viel zu sehen in Talkshows. Der ist übrigens vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin und ist jetzt noch sehr aktiv auf Twitter.

00:10:56: Sophie: Ja genau, Twitter ist natürlich da auch eine wichtige Plattform. Und das bringt uns jetzt gleich auch noch zum nächsten Punkt, denn nicht nur in den Medien und in der Öffentlichkeit sind die wissenschaftlichen Expert*innen gerade sehr gefragt, sondern vor allen Dingen auch von der Politik, weil Forschungsdaten eben auch eine große Relevanz für die Politik haben. Im Grunde, weil sie versprechen, das, was man evidenzbasierte Fakten nennt, zu liefern. Und das ist jetzt natürlich nochmal so eine ganz andere Sache.

00:11:35: Lydia: Ja, Christian Drosten ist ja von Anfang an als offizieller Berater für die Bundesregierung in Erscheinung getreten. Und auch er hat immer wieder im Prinzip ausgesprochen, dass er als Wissenschaftler politisch keine Stellung bezieht.

00:11:48: Sophie: Dazu gibt es in seinem NDR-Podcast, dieses Corona-Update, ein sehr schönes Zitat.

00:11:56: Lydia: Folge 24 übrigens.

00:11:58: Sophie: Ja, danke, Lydia (lacht).

00:11:59: Lydia: Bitte, bitte (lacht).

00:12:00: Sophie: Das wollen wir hier euch nicht vorenthalten:

00:12:06: “Und ich kann nur empfehlen, auch mal die Stellungnahme des Nationalen Ethikrats jetzt vom Wochenende anzuschauen. Ein sehr interessantes Papier, wo nochmal sehr klargestellt wird, dass es eben nicht die Wissenschaft ist, die Entscheidungen trifft, sondern die Politik.”

00:12:21: Sophie: Und außerdem sagt er noch:

00:12:22: “Eine Sache kann und darf die Wissenschaft nicht und hat die Wissenschaft nicht, nämlich die Wissenschaft hat kein demokratisches Mandat. Ein Wissenschaftler ist kein Politiker, der wurde nicht gewählt und der muss nicht zurücktreten. Kein Wissenschaftler will überhaupt so Dinge sagen wie: Diese politische Entscheidung, die war richtig. Oder diese politische Entscheidung, die war falsch. Oder diese politische Entscheidung, die muss jetzt als nächstes getroffen werden. Sie hören das von keinem seriösen Wissenschaftler.”

00:12:54: Sophie: So eindeutig hat sich, zum Beispiel, der Virologe Hendrik Streeck von der Uniklinik Bonn in seiner viel zitierten Heinsberg-Studie ja nicht verhalten. Insbesondere wurde er ja für die Art der Veröffentlichung seiner Studie kritisiert.

00:13:12: Lydia: Kannst du da nochmal kurz was zum Hintergrund sagen?

00:13:14: Sophie: Ja, klar! Also, Streeck hat die Zwischenergebnisse seiner eigentlich im Grunde sauber durchgeführten Studie auf einer Pressekonferenz veröffentlicht, was erstmal nichts Ungewöhnliches ist, wenn es ein wichtiges Thema ist. Aber das Entscheidende war eben, dass dahinter eine PR-Agentur stand, namens StoryMachine, und die war vor allem mit der Kommunikation der Studie in den Sozialen Medien beauftragt. Und, joa, ein Gschmäckle bekam das Ganze dann zusätzlich, weil Streeck und seine Leute 65.000 Euro von der NRW-Landesregierung als Forschungszuschuss bekommen haben für die Durchführung der Studie.

00:13:54: Lydia: Damit kann man ja schonmal was anfangen.

00:13:56: Sophie: Ja, genau, und daher wurde ihm, nicht ganz zu Unrecht, eine etwas zu große Nähe zum NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet vorgeworfen.

00:14:04: Lydia: Insbesondere ja auch, weil die Heinsberg-Studie die politischen Positionen von Laschet inhaltlich ja auch gestützt hat, ne?

00:14:09: Sophie: Ja, genau. Und ich meine, hier sind die Grenzen der Aufgaben von Wissenschaft und Politik schon verschwommen und interessanterweise gerade deshalb nochmal ganz deutlich geworden. Wir finden ja, dass das richtig gut aufgearbeitet ist in dem YouTube-Video von MaiLab unter dem Titel “Virologen-Vergleich”.

00:14:32: Lydia: Woher weißt du denn, dass ich das auch gut finde?

00:14:34: Sophie: Jaaa (lacht).

00:14:35: Lydia: (lacht) Ok, gut. Also, ja. Mai bezieht sich dort auf den Wissenschaftskommunikator Jean-Luc Doumont. Und sie unterscheidet auf seiner Grundlage zwischen zwei Perspektiven: einerseits dem What und andererseits dem So What. Die Wissenschaft interessiert sich ganz klar für das What, also für ihren Untersuchungsgegenstand oder ihre Forschungsfrage, und versucht wiederum, diese so genau wie möglich mit Daten zu beschreiben.

00:15:03: Sophie: Ja, genau, und die Allgemeinbevölkerung oder die gesellschaftlichen Gruppen finden eben nicht in erster Linie das What interessant, sondern das, was sich aus diesem What schlussfolgern lässt, also das So What. Also was kann man aus diesen Erkenntnissen für die Lösung bestimmter Probleme schlussfolgern. Hier geht es also ganz konkret um die Relevanz des Wissens.

00:15:30: Lydia: Ja, und normalerweise wird ja in der Wissenschaft erst das What produziert und später dann das So What, z. B. indem die Politik konkrete Maßnahmen ableitet oder so. Ich habe jetzt allerdings in letzter Zeit irgendwie das Gefühl, dass sich dieser Prozess umgedreht hat. Also sprich: Das So What stand bereits fest, aber es mussten noch die dazugehörigen wissenschaftlichen Ergebnisse produziert werden – also das, was wir vorhin als So What beschrieben haben, äh, Quatsch, als das What beschrieben haben.

00:15:58: Sophie: Ja, genau.

00:15:59: Lydia: Ja, jetzt bin ich selber durcheinandergekommen. So viele Whats. Aber, okay gut, also was ich eigentlich sagen wollte, ist, irgendwie habe ich das Gefühl, wir denken momentan den Forschungsprozess rückwärts. Weiß nicht, verstehst du, was ich meine?

00:16:10: Sophie: Jaja, auf jeden Fall, auf jeden Fall. Und das ist auch ein zentraler Aspekt, weil an Wissenschaft eigentlich der Anspruch ja gestellt wird, dass sie objektiv ist. Und momentan erscheint sie aber teilweise handlungsmotiviert und ja, auf gewisse Art und Weise perspektivisch, und im Grunde dafür, dass man daraus politische Meinungen und Handlungen ableiten kann. Und das hat natürlich auch ganz konkrete Auswirkungen auf die Art der Forschungsfragen, die jetzt einen starken Gesellschaftsbezug erhalten.

00:16:41: Lydia: Und den Faktor Zeit darf man natürlich auch nicht vergessen. Auf einmal muss ja irgendwie alles total schnell gehen.

00:16:45: Sophie: Ja, genau, und zusammengenommen wirkt sich das doch dann zwangsläufig auch auf die Methode aus, also auf die Art, wie wissenschaftliche Daten erhoben werden. Und da frage ich mich jetzt schon, wie objektiv die Forschungsergebnisse da noch sein können.

00:17:01: Lydia: Was genau meinst du denn jetzt mit objektiv?

00:17:03: Sophie: Das ist jetzt klar, dass du da einhakst (lacht). Ist auch eine tricky Frage. Ja, was meine ich damit? Fest steht, dass Objektivität natürlich immer nur ein Ideal darstellen kann, ähnlich wie das Streben nach wahrer Erkenntnis. Dennoch, ganz grundsätzlich, sollte es schon das Ziel sein, oder das Ideal, Daten zu generieren, die ein möglichst realistisches Abbild der Welt liefern.

00:17:28: Lydia: Ja, klar, aber das ist ja eigentlich gar nicht so einfach. Und dazu muss man sich tatsächlich erstmal überlegen, was Daten überhaupt sind.

00:17:35: Sophie: Liebe Lydia, dann erklär mir das doch mal (lacht).

00:17:38: Lydia: Ja, also, wenn du es unbedingt wissen willst (lacht). Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Also, rein nach Definition sind Daten allgemein erstmal nur Zuordnungen von Zahlen zu Objekten oder Ereignissen.

00:17:49: Sophie: Ja, okay gut. Du fängst also ganz von vorne an (lacht).

00:17:52: Lydia: Du wolltest es ja so (lacht).

00:17:53: Sophie: Gut, das ist jetzt natürlich ein bisschen trocken. Dann erklär mal.

00:17:58: Lydia: Ich finde jetzt nicht, dass es so trocken war, du hast doch gelacht. Aber okay gut, also, das typische Beispiel aus der Physik wäre Temperatur. Da messen wir mit einem Thermometer die Wärme. Der Gegenstand oder das Ereignis, an dem wir interessiert sind, ist die Wärme und unser Messinstrument ist das Thermometer. Wenn wir also ein Thermometer benutzen, schreiben wir einem bestimmten Wärmezustand eine ganz konkrete Zahl zu. Das ist auch in unseren Alltagswortschatz übergegangen, weil wir ja nicht nur sagen: “Ey, Mensch, was für `ne Affenhitze” oder so, sondern, “Hey, heute sind 38 Grad”. Und damit ordnen wir einem Ereignis eine Zahl zu. Diese Zahl wiederum umschreibt nicht nur das Ereignis selbst, sondern objektiviert es auch auf gewisse Art und Weise.

00:18:43: Sophie: Ach, womit wir ein sehr schönes Beispiel für den Begriff objektiv gefunden hätten. Und wie sieht das dann bei sozialwissenschaftlichen Daten aus?

00:18:51: Lydia: Also in den Sozialwissenschaften ist man ja häufig an Verhalten, Einstellungen, Empfindungen und Meinungen interessiert und diese kann man in der Regel ja nicht so gut messen wie viele Phänomene in den Naturwissenschaften. Stell dir mal vor, man müsste erst den Kopf von jemandem aufschrauben und hineingucken, um erfassen zu können, was er denkt.

00:19:12: Sophie: Im gewissen Sinne macht die Medizin das ja schon, wenn sie zum Beispiel Gehirnströme misst.

00:19:17: Lydia: (lacht) Ja, allerdings sind wir natürlich noch nicht so weit, aus Gehirnströmen Meinungen rauslesen zu können. Vielleicht kommt das ja in der Zukunft, aber, nun gut, meistens müssen wir ja doch auf Fragebögen erstmal zurückgreifen und die Personen direkt befragen.

00:19:30: Sophie: Ja, oder ihre Aktivitäten oder spontanen Äußerungen analysieren, wie das ja zum Beispiel in großem Stil mit Algorithmen in den sozialen Netzwerken getan wird.

00:19:41: Lydia: Genau. Also in sozialen Online-Netzwerken wären das dann digitale Verhaltensdaten, die wir ja vorhin schonmal erwähnt haben, also Daten, die das Verhalten von Menschen in der digitalen Welt aufzeigen. Dazu gehört neben Social Media aber auch die Smartphone-Nutzung oder Trackingsysteme.

00:20:01: Sophie: Wenn ich also mit meiner Swart … Smart-Watch, ich kann das immer so schwer aussprechen (lacht), meine sportlichen Aktivitäten oder meinen Schlaf messe oder mir den Weg anzeigen lasse oder, keine Ahnung, mit Siri oder Alexa spreche, dann kann man diese Aktivitäten aufzeichnen und analysieren, soweit ist es klar. Aber ich stelle mir schon schwierig vor, aus all diesen Informationen eindeutige Aussagen über mein Verhalten oder gar über meine Einstellungen zu ziehen.

00:20:30: Lydia: Das hat ja auch keiner so gesagt (lacht).

00:20:31: Sophie: Auf jeden Fall kann man aber natürlich schon festhalten, dass es jetzt nicht so einfach ist, meinen digitalen Aktivitäten oder Äußerungen einen genauen objektiven Wert zuzuordnen, wie zum Beispiel einer Zahl.

00:20:43: Lydia: Genau, ja. Aber um noch mal ganz kurz auf Fragebögen bzw. Umfragen zurückzukommen: Wenn wir solche Konzepte wie, sagen wir mal, Identifikation mit der Bundesregierung im Kontext der Corona-Krise messen wollen, dann könnten wir zwar schon die Leute fragen: „Wie sehr identifizieren Sie sich mit der Haltung der Bundesregierung während der Corona-Pandemie?” Aber wie aussagekräftig tatsächlich die Antworten dazu wären, ist doch fraglich. Also, man müsste sich jetzt nur nochmal eine Antwortskala dazu vorstellen, bei der die Befragten mit „gar nicht“, „ein bisschen“, „einigermaßen“ oder „total“ antworten könnten. Aber ich weiß nicht, was bedeutet „einigermaßen“? Und welche Schlussfolgerungen könnte die Bundesregierung überhaupt da konkret draus ziehen?

00:21:32: Sophie: “Ich identifiziere mich einigermaßen” hat tatsächlich keinen großen Aussagewert. Dann sag doch aber mal, wie man es besser machen könnte, also bzw. wie würdest du da dran gehen?

00:21:45: Lydia: Ist ja klar, dass du den Ball wieder zurückspielst (lacht). Also, nun gut, man müsste idealerweise zuerst mal den Begriff eindeutig definieren. In der empirischen Sozialforschung nennen wir das auch das “Konzept spezifizieren”. Also, sprich, was genau ist Identifikation mit der Bundesregierung im Corona-Kontext und welche Dimensionen gehören eigentlich dazu? Und danach müsste man sich überlegen, wie man diese Dimensionen messen will. Also welche beobachtbaren Sachverhalte dem Begriff zugeschrieben werden können und wie diese dann in konkrete Fragen und auch Antworten im Fragebogen übersetzt werden können. Das bedeutet, dass wir unser “Konzept operationalisieren”, so wird das halt genannt. Das könnte geschehen, in dem man die Einstellungen zu unterschiedlichen politischen Maßnahmen abfragt, wie beispielsweise die Öffnung der Schulen, Maskenpflicht, Kurzarbeit oder Abstandsregelungen. Aber das Wichtige ist halt an der ganzen Sache, die erhobenen Daten sind nur dann aussagekräftig, wenn wir tatsächlich mit unseren Messinstrumenten das messen, was wir auch messen wollten. Nur dann sind unsere Daten valide.

00:22:56: Sophie: Jetzt hast Du ja schon eine ganze komplette Forschungsfrage aufgeworfen und auch einen möglichen methodischen Ansatz umrissen.

00:23:04: Lydia: Das sollte ich doch, oder? (lacht)

00:23:06: Sophie: (lacht) Ja, solltest du, das war super. Aber ich würde jetzt ganz gern nochmal grundsätzlicher werden und ein bisschen zusammenfassen. Wir können auf jeden Fall schon mal festhalten, dass sich sozialwissenschaftliche Forschungsdaten mit Ausschnitten gesellschaftlicher Wirklichkeit befassen (z. B. wie in der Frage, die du gerade aufgeworfen hast) und sich dadurch schonmal grundsätzlich von naturwissenschaftlichen Daten unterscheiden. Und das tun sie ja auch nicht nur in Bezug auf ihren Gegenstand, sondern auch im Hinblick auf die Messinstrumente. Und was bei deinem Beispiel im Übrigen gerade, das du genannt hast, auch noch mal ganz deutlich geworden ist (und das hat mir auch ganz gut gefallen) ist, dass die Sozialwissenschaften ja keine abgegrenzte Disziplin sind. Also genauso wenig wie die Naturwissenschaften das sind, sondern es gibt ja viele unterschiedliche Fachrichtungen, die dazugezählt werden.

00:23:55: Lydia: Ja, und dazu gehören, unter anderem, die Soziologie, die Politikwissenschaft, die Sozialpsychologie aber natürlich auch die Wirtschaftswissenschaften. Und all diese Fachrichtungen arbeiten natürlich mit Forschungsdaten. Und da kann man dann wiederum unterscheiden in quantitative und qualitative Daten.

00:24:14: Sophie: Ja, richtig, das ist natürlich super, dass du das jetzt direkt ansprichst. Das darf natürlich nicht vergessen werden. Und das ist insbesondere dahingehend auch interessant, weil sich in den Sozialwissenschaften ja zwei richtige Lager gebildet haben, die sich darüber streiten, welcher Datentyp jetzt die besseren Ergebnisse erzielt. Das kann man doch so sagen? Und dann stellt sich natürlich direkt die Frage: Ist diese Lagerbildung überhaupt sinnvoll in Bezug auf den Erkenntnisprozess?

00:24:44: Lydia: Ja, also, diese Lagerbildung existiert, ist aber natürlich totaler Quatsch, wenn ich das mal so sagen darf, weil es sich einfach um zwei verschiedene Datentypen handelt. Also um zwei verschiedene Paar Schuhe, die sich für unterschiedliche Sachen eignen – nämlich der eine für den linken Fuß und der andere für den rechten – und im besten Fall ergänzen, weil sonst kann man nicht laufen. Und, ja, die Übergänge sind teilweise natürlich auch ein bisschen fließend. Die Erhebung qualitativer Daten, also die Durchführung von beispielsweise offenen Interviews oder Fokusgruppen oder so, kann erheblich zum Erkenntnisgewinn beitragen. Genauso wie auch die Erhebung quantitativer Daten. Also, man kann nicht sagen, dass normativ eins besser ist als das andere.

00:25:23: Sophie: Hier möchte ich kurz ergänzen: Und zwar, du meinst mit offenen Interviews die Befragung von Einzelpersonen, die dann allerdings auch genügend Raum bekommen, die Frage detailliert zu beantworten?

00:25:37: Lydia: Genau, ja. Also ich meine jetzt nicht journalistische Interviews, sondern das, was du jetzt gerade beschrieben hast. Und dann ergänze ich vielleicht noch kurz: Von Fokusgruppen spricht man dann, wenn man eine moderierte Gruppendiskussion durchführt, die sich an einem ausgearbeiteten Leitfaden entlanghangelt. Und Ziel dieser Methoden ist vor allem die Entwicklung von Ideen und Hypothesen. Die sind natürlich total wichtig im Forschungsprozess, insbesondere halt auch zu Beginn einer Studie. Und sozialwissenschaftliche Forschung, auch die quantitative, soll natürlich theoriegeleitet vonstattengehen. Da tragen qualitative Daten natürlich enorm zu bei.

00:26:16: Sophie: Und das Ziel von quantitativen Methoden ist es dann wiederum diese Theorien zu validieren. Also ich meine damit, dass sie anhand großer Datenmengen überprüfen, ob diese Theorien auch Allgemeingültigkeit haben, richtig?

00:26:32: Lydia: Puh, ja, also ich würde eher davon sprechen, dass man mit quantitativen Daten Hypothesen untersuchen kann. Oft werden quantitative Daten durch standardisierte Umfragen, Beobachtungen oder Experimente erhoben. Und bei deren Auswertung geht es hauptsächlich darum zu gucken, ob man mit ihnen Hypothesen widerlegen kann, nicht so sehr, ob sich die Hypothesen bestätigen lassen.

00:26:56: Sophie: Ja, gut okay, da muss ich jetzt aber mal kurz einhaken.

00:27:00: Lydia: Wer hätte das gedacht? (lacht)

00:27:01: Sophie: Das hast du schön formuliert, aber in der Realität sieht das dann doch häufig anders aus. Also, viele Forschende versuchen ja schon, mit ihrer Hypothese an ihren Gegenstand heranzugehen und wollen, dass diese Hypothese sich am Ende als richtig herausstellt. Letztlich will man ja einen positiven Beitrag im Erkenntnisprozess leisten und jetzt nicht wirklich am Ende schlussfolgern müssen, dass die Hypothese sich als falsch erwiesen hat und daher die ganze Arbeit einen nicht wirklich nach vorne gebracht hat. Und vor allem je umfangreicher eine Studie oder je aufwendiger sie ist, umso dramatischer wäre das ja. Und letztlich würde es im Zweifel ja dann nicht mal zu einer Publikation kommen.

00:27:46: Lydia: Ja, mit dem letzten Punkt hast du natürlich Recht. Da ist auch so ein bisschen der Wurm drin, würde ich sagen, in unserem Wissenschaftssystem. Gerade was das Publizieren von Null-Ergebnissen betrifft. Und ich gebe dir auch Recht, dass die meisten, oder zumindest, sagen wir mal, viele Wissenschaftler, oder einige – jetzt weiß ich nicht, wie sehr ich mich aus dem Fenster lehnen darf – wahrscheinlich mit dem Mindset an ihre Studien gehen, dass sich ihre Hypothesen “bestätigen” lassen. Aber nach Karl Popper, einem der bedeutendsten Erkenntnis- und Wissenschaftstheoretiker, lässt sich eine Hypothese niemals bestätigen.

00:28:19: Sophie: Schön, dass du jetzt auch Karl Popper zitierst.

00:28:20: Lydia: Ja. Ach, ist so ein schöner Name.

00:28:22: Sophie: Auch bei uns in den Kulturwissenschaften sehr wichtig.

00:28:24: Lydia: (lacht) Wir können sie also nur verwerfen, die Hypothesen, wenn sie nicht im Einklang mit den Daten sind, und dann durch eine bessere ersetzen. Kennst du das Beispiel mit dem Schwan?

00:28:35: Sophie: Nee, erzähl mal.

00:28:37: Lydia: Einfache Frage: Welche Farbe haben Schwäne?

00:28:40: Sophie: Einfache Fangfrage willst du wohl sagen. Weiß natürlich.

00:28:44: Lydia: Okay, also, wenn man jetzt davon ausgehen würde, dass das stimmt, dann könnte man also die Hypothese formulieren: “Alle Schwäne sind weiß.” Wenn wir jetzt immer und immer wieder zum selben See bei uns um die Ecke gehen und weiße Schwäne beobachten, könnten wir davon ausgehen, dass das stimmt. Aber wer sagt, dass es nicht irgendwo anders auf der Welt vielleicht doch pinke, blaue oder schwarze Schwäne gibt? Wenn wir also einen pinken Schwan sehen, dann müssten wir die Hypothese “Alle Schwäne sind weiß” verwerfen oder uns fragen, ob wir ihn mit einem Pelikan verwechselt haben, vielleicht nach einem guten Prosecco-Frühstück im Park oder so (lacht). Aber gut, Scherz beiseite: Wir können also nie davon ausgehen, dass alle Schwäne weiß sind, nur weil wir nie was anderes gesehen haben. Eine Verifikation der Hypothese in diesem Sinne ist also nicht möglich, sondern immer nur ihre Falsifikation.

00:29:38: Sophie: Diese Tatsache und vor allem das schöne Schwanenbeispiel bringen uns jetzt natürlich auch wieder zurück zu dem am Anfang angesprochenen Problem, dass Wissenschaft sich in der momentanen gesellschaftlichen Situation in den Medien und im politischen Diskurs behaupten muss. Also wieder dieser grundsätzliche Konflikt zwischen dem wissenschaftlichen What und der lösungsorientierten gesellschaftlichen Anforderung des So What. Denn der Zweifel und das immer wieder aufs Neue hinterfragende wissenschaftliche Selbstverständnis, hast du ja eben gerade in deinem Schwanenbeispiel ja so schön anschaulich beschrieben gehabt, kann die pragmatischen Anforderungen von Politik natürlich überhaupt nicht gerecht werden. Also, man hat ja, aus der wissenschaftlichen Sicht, immer nur vorübergehende Erkenntnis und rennt im Grunde der Wahrheit nur hinterher.

00:30:28: Lydia: Ich stelle mir das gerade so schön bildlich vor (lacht).

00:30:30: Sophie: (lacht) Ja, genau. Aber das ist für den Wissenschaftler eigentlich der Normalfall.

00:30:34: Lydia: Je nachdem, was er dann für Schuhe anhat (lacht).

00:30:36: Sophie: (lacht) Ja, das ist für viele Menschen außerhalb des Systems „Wissenschaft“ tatsächlich nur schwer nachvollziehbar und führt natürlich auch dazu, dass es immer auch eine gewisse Skepsis gegenüber der Wissenschaft gibt.

00:30:50: Lydia: Weißt du was? Ich meine, man soll ja nicht von sich auf andere schließen, aber ich glaube ja, jeder Wissenschaftler fühlt sich irgendwann mal in seiner Karriere so, als ob alles keinen Sinn mehr ergeben würde.

00:31:02: Sophie: Jetzt nicht weinen, Lydia. (lacht)

00:31:04: Lydia: Ganz nach Aristoteles übrigens: “Je mehr ich weiß, umso mehr weiß ich, dass ich nichts weiß.”

00:31:10: Sophie: Ja, das hast du natürlich jetzt schön zitiert.

00:31:12: Lydia: (lacht) Aber ich glaube natürlich auch, dass dann irgendwann der Moment kommt, in dem man feststellt, dass doch nicht alles für die Katz’ ist.

00:31:19: Sophie: Ja, das ist auch gut so.

00:31:20: Lydia: Ja! (lacht) Sonst gäbe es wahrscheinlich nur vollkommen deprimierte Wissenschaftler. Aber es gibt ja schließlich doch so was wie wissenschaftlichen Konsens, der sich durch das Anhäufen und das Replizieren von Forschungsarbeiten oder Forschungsergebnissen herauskristallisiert.

00:31:35: Sophie: Du meinst, wenn man doch schon sehr lange und an sehr vielen Orten Schwäne beobachtet hat, …

00:31:41: Lydia: Ohne Alkoholeinfluss.

00:31:42: Sophie: (lacht) … dann waren eben doch bisher keine pinken dabei, sondern die pinken haben sich eben doch immer als Pelikane entpuppt.

00:31:48: Lydia: Das könnte man so sagen, obwohl der Konsens natürlich nicht unumstößlich ist. Schließlich wissen wir jetzt ja auch, dass wir nicht mehr auf einer Scheibe leben.

00:31:56: Sophie: Ja, okay. Also …

00:31:57: Lydia: Okay, hat dich nicht überzeugt? Sehr schön. (lacht)

00:32:00: Sophie: (lacht) Ja gut, das ist jetzt ein anderes Thema. Einer der wichtigsten Aspekte, so viel können wir auf jeden Fall schonmal feststellen, ist die Sicherstellung des Konsens. Das ist also vor allen Dingen auch eine methodische Geschichte.

00:32:17: Lydia: Stimmt! Und da lohnt es sich auch einen genaueren Blick drauf zu werfen, weil es ist ja ein richtig breites und, wie ich persönlich natürlich finde, spannendes und gar nicht so trockenes Feld. Denn nur der, der weiß, wie man an die Ergebnisse gekommen ist, d. h. wie die Daten erhoben worden sind und wie sie analysiert worden sind, der kann am Ende auch wissenschaftliche Studien interpretieren. Aber, ja, wie gesagt, das führt jetzt für die erste Folge zu weit. Schließlich brauchen wir noch Material für die kommenden Folgen des Podcasts.

00:32:49: Sophie: Ja, du sagst es. Und deswegen haben wir ja auch beschlossen, dass wir hier jetzt erstmal einen Schlusspunkt setzen. Denn wie nicht anders zu erwarten ist, bzw. wie hier auch schon immer wieder angeklungen ist, ist ja auch das Methodenthema, wie der Erkenntnisprozess selbst, natürlich heiß diskutiert. Es bleibt also spannend. So ein bisschen könnt ihr euch, liebe Zuhörerinnen, liebe Zuhörer, auch schon einstellen auf einige kontroverse Themen, die wir in den folgenden Podcast-Folgen ansprechen wollen, zum Beispiel Datenqualität oder eben auch, jetzt ein aktuelles Thema, Open Science oder auch dieses wunderbare Thema statistische Berechnungen. Da hüpft dein Herz, oder?

00:33:38: Lydia: (lacht) Ja, da hüpft mein Herz, da freue ich mich schon ganz doll. Muss ich mich hier zusammenreißen. Genau, und zu den Themen, die Sophie jetzt schon angesprochen hat, gehören Fragen wie: Wie kann ich im Datendschungel die Daten finden, die tatsächlich qualitativ hochwertig sind? Vor welche Herausforderungen stellt uns Open Science und welche Chancen bietet es uns? Und, ja, vielleicht habt ihr euch schon mal gefragt, was an dem Satz dran ist: „Vertraue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast.”

00:34:04: Sophie: Ja, genau. Und bevor ich es vergesse, zur heutigen Folge könnt ihr weiteres Material finden. Und zwar unter: podcast.gesis.org. Und außerdem laden wir auch eine schriftliche Version des Podcasts hoch. Manche möchten ja auch das lieber nochmal lesen. Genau, und zu guter Letzt, und das darf man auf keinen Fall vergessen, bedanken wir uns ganz herzlich bei Johanna Dölken und Linna Umme für ihre wirklich tolle inhaltliche Unterstützung bei dieser Folge und natürlich selbstverständlich bei unserer Technikfrau und Teaserstimme Claudia O’Donovan-Bellante.

00:34:42: Lydia: (klatscht) Applaus.

00:34:44: Sophie: Genau, und mindestens genauso wichtig: Vielen herzlichen Dank, dass ihr, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, uns eure Aufmerksamkeit geschenkt habt.

00:34:55: Lydia: Da schließe ich mich natürlich an und damit verabschieden wir uns. Bis zur nächsten Folge, liebe Faktenfreunde! Bis dann!

00:35:02: Sophie: Tschüss!